Hallo zusammen,
das wird jetzt ein längerer Text, nachdem wir gestern nach nunmehr einer langen Spielzeit "Seelenernte" erfolgreich abgeschlossen haben. Entsprechend folgt an dieser Stelle ein Kommentar aus Spielersicht.
Wir - ein Fasarer Magier, ein tulamidischer Gaukler/Hexer/Krieger und eine südaventurische Schurkin - haben, das sei vorab erwähnt, "Träume von Tod" nicht gespielt, da wir keine allzu stark militärlastige Kampagne haben wollten.
Teil 1 - das Kloster:
Die ersten kleineren Aufgaben rund um das Kloster fand ich erfrischend, auch da so eine Bindung zu den Leuten vor Ort aufgebaut werden konnte und wir uns gleichzeitig der "normalen" Schrecken der noch nicht gar so befriedeten Warunkei bewusst werden konnten. Die untoten Teile des Omegatherions machten dann auch deutlich, dass aus einer scheinbar einfachen Aufgabe wie dem Auffinden des Druiden Zandon rasch eine wesentlich größere Bedrohung werden kann - übrigens ein Umstand, der mir im AB immer wieder aufgefallen ist.
Die Verhandlungen mit den Söldnern haben mir persönlich großen Spaß gemacht und wir konnten sie letztlich als Verbündete für das Kloster gewinnen. Die Erkundung des Klosters selbst war dagegen etwas generisch, aber die drei Äbte, vor allem Perdan, sind mir in gutem Gedächtnis geblieben, waren sie doch überzeugend und tatkräftig, genau das, was die geschundene Warunkei braucht.
Teil 2 - der Nirraven und die Belagerung
Hier begann es dann, sehr high Fantasy zu werden. Mit dem plötzlichen Auftauchen des Seelensammlers hatte zu diesem Zeitpunkt keiner wirklich gerechnet, vor allem, dass man recht früh mit ihm konfrontiert wird und permanent mit ihm und seinen Plänen zu tun hat, machen für mich die große Stärke dieses ABs aus. Auch die direkte und stetige Einbindung des Splitters macht das vorliegende AB in meinen Augen zu einem würdigen Vertreter der Splitterdämmerung.
Die Rettung Leatmons, die anschließende Belagerung mit diversen Angriffen und dem neuartigen Khalmorcan - dessen Neueinführung ich übrigens sehr interessant fand, schließlich ist die Zahl der Dämonen doch Myriade - die uns hart an unsere Grenzen brachten, aber letztlich nicht gar so viel Schaden zufügen konnten, waren spannende Momente, in denen jeder von uns glänzen konnte. Vor allem die Öffnung des Ea'Myr war faszinierend, und mein Magier hat eigentlich viel zu viel Kraft in Analysen gesteckt, aber es verdeutlichte einmal mehr, dass sehr viele günstige Umstände zusammenkommen mussten, um letztlich den Splitter zu vernichten. Über die magische Verbindung zwischen Leatmon und Nirraven war es uns auch möglich, seinen Plan zumindest zu erahnen, die Macht des Splitters in sich aufzunehmen und quasi ein unabhängiger Erzdämon zu werden - eine Größenordnung, wie ich sie dem Nirraven durchaus zugestehen würde.
Bei unserer anschließenden Flucht aus dem Kloster haben wir Leatmon nicht mitgenommen, es stand aber auch nie zur Diskussion, auch nicht die Zusammenarbeit mit Haffax' Soldaten. Ich denke angesichts der äußeren Bedrohung sollte man immer von einer Art Burgfrieden ausgehen können.
Teil 3 - über Warunk nach Eslamsbrück
Das AB setzt die Helden hier wirklich einmal unter Zeitdruck, was ich aber angemessen fand. Den untoten Drachen vernichteten wir glücklicherweise schon hier und dadurch, dass mein Magier dessen Karfunkel an sich nahm, wurde er für eine Zeit lang von Albträumen geplagt. Generell finde ich es gut, dass hier dieser zweite, sonst öfters vernachlässigte Aspekt TGTs (wie auch später im Pandämonium etc.) immer mal wieder in den Fokus genommen wurde.
Das Anwerben von Verbündeten war, nun ja, recht eintönig. Notwendig, aber nicht sonderlich spannend. Es ist etwas ermüdend, sich nach epischen Gefechten mit gefühlt "mittelreichischer Kleingartenpolitik" zu befassen. Glücklicherweise hat unser Meister das recht kurz abgehandelt. Eslamsbrück selbst bietet mit seiner Andersartigkeit - so man, wie wir, noch nicht oft in den Schattenlanden unterwegs war - einen willkommenen Kontrast zu den 12-göttlichen Landen. Leider hatten wir nicht viel Zeit vor Ort, aber für einen Einbruch in den Beschwörerkreis hat es gereicht. Die dort zu findenden Artefakte sind sehr nützlich, insbesondere für den Endkampf, den ansonsten viele Gruppen nur schwer überstehen dürften. Ich hätte mir gewünscht, dass es den ein oder anderen Hinweis mehr darauf gegeben hätte, wie nützlich ein Besuch dort sein könne, aber gut.
Das Pandämonium selbst war sehr interessant, auch wenn ich der Ansicht bin, dass es dafür ein eigenen Abenteuer benötigen würde. Zudem spart die Beschreibung alle Erzdämonen außer TGT (und minimal auch Agrimoth) aus. Insbesondere, dass in "Die Verlorenen Lande" diesbezüglich auf "Seelenernte" verwiesen wird und man ansonsten keinerlei Informationen darüber findet, ist ein großes Manko.
Dafür waren die beschriebenen Teile beeindruckend und meiner Ansicht nach angemessen. Einzig und allein der Zufallsfaktor in den unteren Gängen gefällt mir nicht so sehr. Mit etwas Pech läuft man permanent im Kreis und erhält zufällig hohen Schaden, ohne irgendwie darauf Einfluss nehmen zu können. Hier sollte es mit guten Ideen möglich sein, sich selbst vorwärts zu arbeiten.
Teil 4 - Artefakt, göttliches Wunder, Alptraumschloss
Die Rückreise haben wir stark gestrafft, und ich finde es gut, dass man das hier zügig abhandeln kann, schließlich fieberten wir alle auf das Finale hin. Die Rückkehr in das Kloster erwies sich als schwierig, war aber mehr oder weniger dasselbe wie beim Ausbruch. Wem es gefällt, kann hier gut Verbündete kommandieren und organisieren, leider eine Tätigkeit, die wir alle nicht so richtig mochten oder konnten. Aber das war es dann auch mit dem Militär. Letztlich werden die Verbündeten - von einigen Spezialisten mal abgesehen - nicht wirklich benötigt, um das AB voranzubringen. Möglicherweise hätte man sich den Teil auch ganz sparen können, aber wenn man "Träume von Tod" gespielt hat ist es sicher schön zu sehen, wenn man Hilfe erfährt.
Die Erschaffung des Artefakts war episch und mein Magier konnte auch dazu etwas beitragen. Hier ist es etwas schade, dass nicht alle Helden irgendwie direkt an der Entstehung des Artefakts mitwirken können, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Anschließend schmiedeten wir lang und ausführlich Pläne, wie dem Seelensammler beizukommen sei - nur um dann vom Plot rüde unterbrochen zu werden. Leatmons Plan ist, vorsichtig ausgedrückt, gewagt bis selbstmörderisch. Wir haben ihn zwar akzeptiert, aber hier wäre etwas mehr Freiheit ganz schön gewesen. Was folgte war jedenfalls episch, ein göttliches Wunder der Peraine, die Jagd auf den Nirraven, die Erstürmung des Hügels und schließlich das Alptraumschloss.
Zu letzterem habe ich eine etwas zwiespältige Haltung, wobei mir die Grundidee durchaus zusagt. Hochstufige Charaktere zu schwächen, indem sie zu Kindern werden ist ein interessanter Kniff - hatte im Falle meines Magiers aber den Effekt, da vorhergehende MU-Proben allesamt bestanden wurden, dass ich wertetechnisch von den Attributen her sogar besser wurde - MU=KK bedeutete in dem Fall jeweils 17. Das machte es schwer, sich die Rolle eines schwachen, ängstlichen Kindes hineinzuversetzen (v.a. da mein Char auch 18 war). Bei meinen Mitspielern hat das besser funktioniert, aber mittels des Albtraums wirklich Furcht bei letztlich erwachsenen Spielern zu erzeugen hat mich jedenfalls nicht wirklich überzeugt. Die Geisterstadt war vor allem geisterhaft leer, in der Küche dachten wir sofort an Hänsel und Gretel, die Schule bzw. der Übungsplatz waren Schikane aber nicht furcheinflößend. Das Tentakelmonster war etwas gruseliger, insbesondere da einer von uns fast verschluckt worden wäre, aber wirklich so etwas wie Grusel kam nur angesichts der Kinder und des Mannes ohne Gesicht auf. Ich denke, man hätte die Aspekte des Traums, die für uns weder als Spieler noch als Helden durchschaubar waren (Einsamkeit, Hunger, Schmerz, Unbekanntes), anders wählen müssen. Anders ausgedrückt, sich dem Aspekt des Hungers hinzugeben während man gerade eine Pizza o.ä. isst, fällt wahnsinnig schwer.
Es fehlte mir an eher klassischen Horrorelementen, die auch Erwachsene Spieler - und gerade hier ist es so wichtig, dies zu berücksichtigen - in ihren Bann ziehen können, um letztlich die Immersion von Angst zu erzeugen.
Ein weiteres Problem mit dieser Traumwelt war für mich, dass es das erste von quasi drei Finalen darstellte, was etwas zu viel für meinen Geschmack ist.
Teil 5 - Finale, Klappe die 2./3.
Der Kampf mit dem Nirraven selbst ist sehr fordernd, auch wenn sich das Abenteuer redlich müht, ihn so stark zu schwächen, dass er nicht jede gestandene Heldengruppe direkt auslöscht. Auf der anderen Seite macht ihn das ein Stück weit unglaubwürdiger als Antagonisten, aber das ist wohl eine Zwickmühle, die sich schwerlich auflösen lässt. Bei uns war es jedenfalls knapp und wir hatten wahnwitziges Glück.
Dass sich mit der Zerstörung des Splitters - oder was auch immer man letztlich darunter verstehen mag - eine Pforte des Grauens öffnete, war dann in meinen Augen Finale Nr. 3. Glücklicherweise hatten wir schon während des Kampfes Vorsorge getroffen, aber die Schließung der Pforte selbst kann sich sonst als extrem schwierig erweisen. Uns gelang es zwar, aber wir erwarteten unmittelbar danach eine weitere Bedrohung was zeigt, dass wir noch nicht an das Ende glaubten. Vielleicht ist das aber auch nur ein Zeichen dafür, dass es das AB geschafft hat, uns bis an unsere Grenzen zu bringen, was durchaus positiv gemeint ist.
Fazit:
Insgesamt bin ich jedenfalls sehr zufrieden mit dem AB, auch wenn es zweifelsohne seine Schwächen und (selten) Längen hat. Es wurden zudem zu viele Mysterien etwas unter Wert verkauft, was ich aber gerne verzeihen möchte, da es das epischste Abenteuer war, welches ich seit Langem gespielt habe. In der Splitterdämmerung steht es bei mir jedenfalls auf Platz 1. Und damit möchte ich "Seelenernte" hiermit 5 Punkte geben.
Viele Grüße
Jassafer al-Alam