R 72 Fuchsfährten

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Alrik Normalpaktierer
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R 72 Fuchsfährten

Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

Dieser Thread dient zur Diskussion der Inhalte des 2003 erschienenen Romans Fuchsfährten von Thomas Plischke.

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Fuchsfährten
Vielleicht hast du Erfahrungen mit diesem Roman gemacht, die du mit anderen Userinnen und Usern teilen möchtest, hast Fragen oder Meinungen zum Buch. Dieser Thread ist zur Sammlung dieser Informationen und Themen gedacht.

Darüber hinaus kann man in diesem Thread den Roman auch bewerten, um so eine grobe Orientierungshilfe für andere Lesende zu bieten.

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Alrik Normalpaktierer
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R 72 Fuchsfährten

Ungelesener Beitrag von Alrik Normalpaktierer »

Kurzfazit:Zelebriert seine Groschenromanartigkeit und macht dabei mehr richtig macht als falsch.
4/5 Punkten

Handlung:
Von den ersten Seiten an wird deutlich, dass es handfest zur Sache gehen soll. Details, die anderen Lesenden vielleicht als Schwäche erscheinen könnten - wie der am Ende enthüllte, überkompliziert wirkende Plan des zentralen Antagonisten - bewerte ich als Verneigung vor dem Format des Groschenheftchens, an dem sich der Roman trotz 340 Seiten sprachlich und formal zu orientieren scheint.
Entsprechend sind auch die Handlungselemente der ersten Kapitel in einer Steigerungs- und Überbietungslogik angelegt, die mir großen Spaß gemacht hat.

Andererseits habe ich mich auch relativ früh gefragt: Was soll jetzt
Spoiler
nach einem Todesfall, einem Einbruch in einen Tempel und einer götterlästerlichen Obduktion
noch kommen? Und so ist es auch: In der zweiten Hälfte gelingt diese Tempo-Steigerung nicht mehr - einzelne Szenen wie beispielsweise eine Nacherzählung der bisherigen Handlung oder das Treffen mit den beiden Magiern - wirken unmotiviert und wie Füllmaterial.
Das hat mich auch insofern überrascht, weil ich an anderer Stelle das Gefühl hatte, die typischen Schwächen des Genres sind bekannt und damit wird bewusst gespielt - am auffälligsten bei der Trope "zu spät und unmotiviert eingeführte Figur", Stichwort Rukus.

Irgendetwas am Setting "Phexjünger in Gareth im Hochsommer" scheint geradezu unwiderstehlich sein. Das ist nach "Der Spieler" und "Über den Dächern Gareths" schon der Dritte mit genau diesem Setting.

Insgesamt bleibt aber der Eindruck zurück, dass hier eine temporeiche Geschichte erzählt wird, die trotz einer gewissen Bodenständigkeit - das ganz große Rad magischer/mythologischer Geheimnisse oder politischer Umwälzungen wird nicht gedreht - mit vielen blutigen und schmuddeligen Details erzählt wird.

4/5 Punkten


Personen
Mir hat gut gefallen, dass die Figuren - auch das passt zum Genre des Groschenromans - mit plakativen Schwächen ausgestattet sind, die nachdrücklich auserzählt werden.
Dann stört natürlich auch nicht, dass die Figuren mit eher breitem Pinsel gemalt sind und Klischees ihren Platz finden.

Dennoch wäre ich mit etwas mehr Originalität wahrscheinlich glücklicher geworden.
Der wievielte in DSA-Romanen verewigte Tunichtgut mit einer Magiedilletanz mag Severin sein - zumal mit einer, die durch die Handlung nicht motiviert ist und an keiner Stelle zum Plot beiträgt?
Dazu gehört auch das einseitige Geschlechtverhältnis - dazu im nächsten Abschnitt noch einmal mehr. Wenn beinahe alle handelnden Figuren außer einer randständigen Großmutter Männer sind, fällt es besonders auf, dass das weibliche Geschlecht der einzigen Ausnahme dadurch motiviert ist, dass andere Figuren erotisches Interesse an ihr entwickeln sollen - was dann ebenso vorhersagbar wie platt inszeniert auch geschieht. Mag ebenfalls der Orientierung an Groschenheften geschuldet sein, aber wenn selbst unter den Nebenfiguren nur großbusige Wirtsfrauen und Bordellbetreiberinnen weiblich sein dürfen und die einzige Abenteurerin
Spoiler
Angalla ihr Leben aushaucht, ohne eine Silbe gesprochen zu haben
, dann wirkt das nicht wie geplant, sondern schlicht fantasielos.

Unsicher bin ich, ob kleine Ungenauigkeiten Absicht sind.
So sind Severins Eltern nach dem Romantext zu urteilen auch Geschwister - Onkel Berengar und Severins Vater werden als Brüder, die Großmutter als Mutter Berengars bezeichnet, trotzdem will er die Nase seiner Großmutter über die Mutter vererbt bekommen haben -, was entweder Schludrigkeit oder der Orientierung an Groschenheften geschuldete imitierte Schludrigkeit ist...

3/5 Punkten

Aventurizität
Das Positive vorweg: Offensichtlich ist viel Arbeit hinein geflossen, sowohl Kleinigkeiten wie aventurisch plausible Redewendungen als auch für den Plot bedeutsame Details wie die Reisezeit von Gareth nach Rommilys zu recherchieren.
Merkwürdigkeiten wie die Magier-Kommission in Darpatien oder die Behauptung, auf einem Eilmarsch von Rommilys nach Angbar könne man Gareth einfach umgehen, stehen dem gegenüber.

Vor allem zwei Schnitzer fallen ins Auge, die so grob sind, dass es für mich kaum vorstellbar ist, wie sie einem unterlaufen können, wenn man sich offensichtlich lang und intensiv mit Aventurien beschäftigt hat:
Zum einen scheint mir offensichtlich außerhalb des Vorstellbaren, dass das Haus einer wohlhabenden Händlerfamilie ohne eine/n einzige/n Bedienstete/n auskommt. Solche werden nicht nur nicht erwähnt - und für den Krimi-Plot wären sie relevant - sondern es wird beschrieben, wie die Großmutter Aufgaben wahrnimmt, die selbst bei einer einzigen Hauswirtschaftskraft dieser obliegen würde.
Zum anderen verfehlt der Roman die aventurische Geschlechterordnung. Zwar passiert das vielen DSA-Autoren, aber hier ist das Beispiel besonders krass. Sonst ist es oft so, dass die Protagonisten sämtlich männlich und die Berufe unnötig gegendert sind - alle Hufschmiede männlich, alle Baderinnen weiblich. Die resultierenden Geschichten sind unstimmig, aber aventurisch nicht unmöglich - es könnte ja auch ein reiner, wenn auch unwahrscheinlicher, Zufall sein, dass in einer Geschichte viel mehr Männer als Frauen vorkommen. In "Fuchsfährten" gibt es jedoch eine Passage über mehrere Seiten, in der sowohl der Protagonist als auch seine Umfeld ausführlich kommentieren, welche Schande es bedeutet, dass er sich als Frau verkleiden muss. Es wird auch zweifelsfrei deutlich, dass diese Frau keinem unehrenhaften Beruf nachgeht und es dabei wirklich um Geschlecht und nicht um Stand geht.
Dass ein nicht-männliches Geschlecht mit derart eklatanter Abwertung verbunden wird, setzt jedoch ein Patriarchat voraus. Es macht aventurisch einfach keinen Sinn und stört die Immersion erheblich.

3/5 Punkten


Sprache
Diesmal fange ich mit der Kritik an: Wenn sich jemals jemand fragt, warum Adjektiven oft mit Misstrauen begegnet wird, kann er sich dieses Buch als Beispiel zu Gemüte führen. Besonders in den ersten Kapiteln sind die Sätze damit vollgestopft und eher öfter als seltener sind es überflüssige Füllwörter, die den Lesefluss hemmen und die Beschreibungen unglaubwürdiger machen. Ein gerüttelt Maß sprachlicher Klischees kommt dazu.
Beide Schwächen sehe ich jedoch verankert in dem Versuch, eine abwechslungsreiche und farbige Sprache hinzubekommen. Das macht einfach Spaß zu lesen. Was habe ich mich bei der Obduktionsszene geekelt und gefreut...

4/5 Punkten


Langes Fazit:
Gerade so kann ich vier Punkte vergeben. Der Roman ist nicht perfekt - und ein launiger Groschenroman mit Gore, Sex & Crime schreibt und liest sich natürlich leichter runter als der nächste "Sturmhöhen". Dieses Experiment ist durchaus gelungen und kommt seinen Zielen jedenfalls näher als manch anderer DSA-Roman. Wer keine tiefschürfende Reflektion über die conditio humana, sondern einfach nur den nächsten Lesespaß sucht, kann es mal damit probieren. Warum sollte er hier nicht noch ein paar Freunde finden, wo doch beispielsweise auch hier einigen Usern der Umstand, dass Aventurien eine Welt mit Gleichberechtigung der Geschlechter ist, Unbehagen bereitet.

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