Kurzfazit: Unterdurchschnittlicher Roman, der eine tolle Grundidee vergeigt. 2/5 Punkten
Ich war nach der Lektüre ein bisschen sauer auf den Roman, weil mir so viel Potential verschenkt schien
Ernsthaft: Die Prämisse ist großartig. Ehemalige herumreisende Abenteurer - typisch SCs - die ganz unterschiedliche Typen sind - typisch SC - aber alles Männer - typisch SCs - müssen Jahrzehnte später noch einmal zusammen reiten. Sie haben dabei ebenso mit der Dynamik zwischen ihnen zu kämpfen wie damit, dass sich manche Heldentat mit etwas zeitlichem Abstand und gewonnener Lebenserfahrung vielleicht auch anders bewerten lässt. (Das hätte sich sogar mit Witz auf eine Meta-Ebene heben lassen: Heldenleben als young person's game parallel zu Rollenspielen als young person's hobby, das hat Christian Rieslegger mit Cashflow für Shadowrun mal ganz nett gemacht.)
Außerdem ist tatsächlich noch ein Problem zu lösen, für das man eigentlich nicht "Gettin' Too Old For This" sein dürfte.
Alles in allem ist die Idee so gut, dass ich mich frage, warum es eigentlich nicht mehr DSA-Romane nach diesem Schema gibt. (Spontan fällt mir nur "Zwergenmaske" ein, wo glaube ich auch eine gealterte Heldengruppe wieder zusammenfindet.)
Leider muss man sich dieses enorme Potential beim Lesen mehr oder weniger dazu denken. Es ist kaum mal ein Absatz dabei, der es wirklich anzapft. Die Schwächen überwiegen.
- Die Handlung ist geradlinig, aber das Einsammeln der Helden ist nur in einem Fall halbwegs dramatisch ausgebaut. Die Monstren im Finale sind so einfallslos beschrieben, dass Spannung und Grusel nicht richtig überspringen.
- Die Charaktere sind wenig pointiert. Die drei Althelden teilen einige Züge mit Athos (von Schuld verfolgter Adliger und Anführer, Vaterfigur) und Porthos (Trinker und bärenstarker Kämpfer). Wirklich ausgebaut sind die aber nicht und insgesamt nicht differenziert genug, um wirklich interessant oder auch nur überzeugend zu sein. (Als eine Merkwürdigkeit ist mir das sexuelle Interesse von mehreren dieser 60(?)jährigen an einer Minderjährigen im Gedächtnis geblieben, das im Text nicht weiter thematisiert und von der Umwelt kommentarlos hingenommen wird.)
- Die Sprache ist enorm langatmig. Erscheint das zu Beginn, als aus der Perspektive eines alten Dieners erzählt wird, noch als passend, wird es über den ganzen Roman anstrengend.
- Aventurizität ist prinzipiell zwar gegeben - die Ortsnamen ihre Lage zueinander stimmen soweit; den Schauplatz des Showdowns kann ich mir irgendwo zwischen Andergast und Orkland gut vorstellen, ohne dass er in irgendeiner RSH stehen müsste - aber nicht besonders lebendig. Die Reise durch die Albuminer Pforte fand ich beispielsweise nicht besonders stimmig.
Langes Fazit: Selbst für einen DSA-Roman ist es kein besonders gutes Buch. Besonders weh tut, dass man sich beim Lesen die ganze Zeit denken muss, das mit etwas mehr Trope-Bewusstsein und strafferer Schreibe ein Roman von Rollenspielenden für Rollenspielende daraus hätte werden können, der sich gewaschen hat.