Viktoriusiii hat geschrieben: ↑01.11.2021 00:00
@Maed @Vasall
aber... es ist ganz eindeutig beschrieben, dass sich göttliche Wunder 'göttlich' anfühlen. Sie sind distinkt von Magie.
(außer evtl extrem hoher Magie)
Und da jeder in den 12 Götter glauben iniziiert wird, sollte jeder dieses göttliche Wirken schon einmal erlebt haben... oder sehe ich hier etwas falsch?
Dann bleiben aber immer noch zwei Probleme:
1. sagt das Wissen, dass es Götter gibt, noch nichts darüber aus, wie man zu ihnen steht. Auch Aventurier leben in einer Welt, die nicht perfekt ist und in der man sich schon mal fragen kann, was für ein Gott einem so eine Welt mit all ihren Zumutungen und Grausamkeiten erschafft. Das mag nicht jeder so sehen, ich gehe tatsächlich davon aus, dass viele Aventurier gerade wegen der Geweihten einen höheren Lebensstandard genießen, als Menschen in ähnlichen irdischen Epochen, mit Goodies wie Krankenversorgung und Feldersegen durch die Peraine-Kirche, Armenspeisung und Obdachlosenunterkünften durch die Travia-Kirche, Schulbildung durch Hesinde, Kinderbetreuung durch Tsa usw. usf. Das ist ein Sicherungsnetz, das für diese Zeit sehr umfassend ist und für viele Gläubige sehr überzeugend sein sollte. Die erleben dauernd, dass die Diener der Götter auch karmal unterstützt daran arbeiten, dass Aventurien ein weniger harter und gefährlicher Ort wird. Aber Schicksalsschläge passieren trotzdem. Und da sind dann auch mal Sachen dabei, die einen buchstäblich vom Glauben abfallen lassen. Oft vor dem Hintergrund, dass es mit der eigenen Charakterstärke etwas hapert, aber ein klassischer Fall für Paktierer sind eben Typen wie Lucardus von Kémet, der Boron den Tod seiner Frau nicht verzeihen konnte und dann einen auf Friedhof der Kuscheltiere gemacht und sie sich von Thargunitoth hat zurückholen lassen. Eine irrationale und dumme Aktion, aber Menschen machen eben auch mal unsinnige Dinge, wenn sie vor Schmerz nicht mehr klar denken können.
2. folgt aus dem Wissen, dass es Götter gibt, nicht das Wissen um die eine Wahrheit. Man glaubt das aber leicht. Das führt schnell dazu, dass besonders fromme Menschen nicht mehr hinterfragen, was sie machen, weil sie fest überzeugt sind, dass sie so fest im Glauben sind, dass sie das nicht mehr nötig haben. Auf die Dauer kann diese denkfaule Selbstherrlichkeit so enden wie bspw. bei den früheren Templern von Jergan, die früher besonders fanatische Rondra-Gläubige waren und heute als Bluttempler die zentrale Stütze der Belhalhar-Diener auf Maraskan sind. Der andere klassische Fall für Paktierer ist eben nicht der Abfall vom Glauben, sondern die schleichende Pervertierung. Viele Erzdämonen stehen ja nicht für das exakte Gegenteil der Ideale ihrer Gegengottheit (Untote statt Grabruhe; Pestilenz und Fäulnis statt Heilung und Fruchtbarkeit), sondern für ins Extrem überzeichnete und dann ins Böse kippende Ideale der Gegengottheit - das gilt z.B. für Blakharaz, Belhalhar oder Tasfarelel. Auch für den Belkelel-Kult ist es sehr typisch, dass man Radscha-Gläubige in kleinen Schritten an Grenzüberschreitungen gewöhnt und mit schleichender Subversion statt einem offenen Bruch mit dem Glauben arbeitet, bis es irgendwann zu spät ist.
Ich gehe bei den wenigsten Paktierern davon aus, dass die sich von Anfang an bewusst für den Pakt entschieden haben. Ein Seelenpakt erfordert das zwar, aber das sehe ich im Normalfall entweder nicht als den Startpunkt der Dämonenverehrung oder, wenn es der Startpunkt ist, dann dürfte das normalerweise nicht bei zu 100% klarem Verstand erfolgen, sondern in einer Situation, in der man eben nicht rational abwägt, dass es ewige Verdammnis bedeutet, wenn man das jetzt macht.
Dass da jemand auf dem ganzen Weg sehenden Auges reingeht, hat man wahrscheinlich eher bei Menschen, die schon immer mit den Göttern gehadert haben und sich nicht für die Sorte Mensch gehalten haben, die dereinst in eines der Paradiese aufgenommen werden. Leute, bei denen "so kann ich immerhin mal ein Fünfgehörnter werden" als die Alternative dazu erscheint, auf alle Zeit in irgendeiner Vorhölle zu vegetieren oder eh zu leicht für Rheton zu sein - wenn man sich selbst für so verdorben hält, dass man eh in die Niederhöllen kommt, dann mag es rational sein, das wenigstens zu den eigenen Bedingungen zu wollen. Oder diese dritte, bewusste Sorte von Paktierern schätzt die DSA-Kosmologie so ein, dass die das komplette, unendliche "Außen" beherrschenden Dämonen den letzten Kampf gewinnen werden.
Als vierten Fall haben wir Kulturen, die überhaupt nicht zwischen magischem und karmalem Wirken unterscheiden wie die Achaz - die mögen sich zwar denken, dass die Liturgie sich anders "anfühlt" als der Verwandlungszauber, aber das sind dann eben nur verschiedene Spielarten der Magie. Bei den Achaz ist der Charyb-Yzz-Paktierer oder der Ssad'Navv dienende Kristallomant genauso Priester wie der H'Szinnt-Geweihte und auch nicht geweihte Zauberer sehen sich oft als Laienpriester, weil das eben alles als Gabe der H'Ranga betrachtet wird. Auch die Jenseitsvorstellung geht nicht davon aus, dass da Paradiese und Seelenmühlen warten, sondern dass man eh wiedergeboren wird, bis die Seele vervollkommnet ist.