Der Patriarch hat den Segen erteilt! Wir haben mit dem Abenteuer angefangen und die ersten drei Sitzungen hinter uns. Wir spielen online und ich nutzen die Chat-Funktion von
Signal, um Handouts und Bilder "herzuzeigen". Es hilft in diesem Zusammenhang auf jeden Fall, weil der Hintergrund so komplex ist und nach und nach so viele Meisterpersonen auf den Plan treten. Nach der dritten Sitzung ist die Gruppe damit auch gerade erst an der Küste des Kemi-Reichs angelandet.
In der Gruppe, für die ich meistere, sind jetzt drei ganz unterschiedliche Charaktere: Zur al'anfanischen Boron-Geweihten und einer Geisterkriegerin der Nipakau-Kocan (siehe oben) hat sich ein Vinsalter Heilmagier mit al'anfanischen Wurzeln gesellt. Alle drei Charaktere wurden neu erschaffen und es wird davon ausgegangen, dass sie Said vertrauen und sich Vorteile von der Teilnahme am Kriegszug ins Kemi-Reich erhoffen. Ich habe die ersten drei Sitzungen jetzt so gestaltet:
Erste Sitzung (drei Stunden): Um mit ein bisschen Action einzusteigen, ging es los mit einer Prüfung Saids an den Hängen des Visra: Gemeinsam mit Jesandra Inguez und Tarquinio Rivitoz sollen sie einer Verschwörung auf die Spur kommen. Tatsächlich ist diese "Verschwörung" mit Hilfe von Helfershelfern und einem Illusionsmagier lediglich inszeniert, und Said will sehen, wie die fünf zusammenarbeiten und ob sie auch aufs Ganze gehen. Für die drei Spieler hilft es, Jesandra und Said kennenzulernen, außerdem kommt die Motive der Verschwörung und des Seins und Scheins ins Spiel, und es können erste Eindrücke vom Al'Anfa-Setting vermittelt werden. Die Sitzung endet damit, dass Said den Charakteren in seinem Stadthaus seine Pläne erläutert und sie in die
Rabenkrallen rekrutiert. Am kommenden Tag werden sie zur Eilausbildung in seine Seidenraupenplantage im Norden Al'Anfas verschifft. Vom Schiff erhaschen einen Blick auf Oderin du Metuant und Rhônda, die sich in den Wassergärten auf den Inseln vor der Stadt beraten.
Zweite Sitzung (zwei Stunden): Diese Sitzung war der Eilausbildung auf der Plantage gewidmet, und die Charaktere haben die im Abenteuer beschriebenen Mitglieder der Rabenkrallen kennengelernt. Da Balyan als so kontaktfreudig geschildert wird und außerdem für das Abenteuer wichtig ist, habe ich ihn die Gruppe auch gleich ansprechen lassen. Ich habe die Sitzung so angelegt, dass es sehr viele Cuts gibt, und ich bin von Situation zu Situation gesprungen (Kampftraining, Unterrichtsszenen, Ausrüstungskauf in Al'Anfa, Zweier-Szenen unter den Charakteren oder mit anderen Mitgliedern der
Rabenkrallen). Obwohl es zeitlich nicht hundertprozentig hinhaut, weil wir schon Ende Travia 1042 sind, habe ich die Sitzung enden lassen mit Oderins Ansprache auf dem Korfeld. Es ist den Charakteren klar, dass sich Amir noch nicht für den Kriegszu ausgesprochen hat.
Dritte Sitzung (drei Stunden): Die Sitzung lässt die Handlung vom Travia-Mond zum 1. Boron springen. Obwohl es auch hier zeitlich nicht ganz passt, habe ich den
Anschlagsversuch von Brotos Paligan und den Rabenbund-Mitgliedern auf Amir und Oderin
in diesen Zeitraum gelegt. Die Charaktere kriegen hiervon nicht direkt was mit, weil sie auf der Plantage sind und nicht mitten in Al'Anfa, aber sie haben natürlich davon gehört und können sich Gedanken darüber machen, wie das mit den militärischen Plänen zusammenhängt. Wir starteten mit dem Totenfest an den Hängen des Visra, von dort zieht Amir mit den Geweihten direkt in den Hafen und erteilt Oderin seinen Segen. Es bleiben zur Abreise also nur wenige Stunden, die Charaktere können hier letzte Erledigungen machen, sich mit Said und den anderen Rabenkrallen austauschen – und erfahren nun auch, dass sie gemeinsam mit Jesandra und Balyan unter Diago Delazar und Marvana Zornbrecht auf der
Marbo verschifft werden, am Mittag des 2. Boron. (Am Ende von
Der Biss der Spinne weist Said darauf hin, dass er Marvana nie kennengelernt habe, deswegen kann er sie hier nicht vor ihr warnen oder Hinweise auf ihren Charakter geben.) Auf dem Schiff hat es dann sehr viel Erklärung von meiner Seite gebraucht, denn beim Auftrag an die Helden treten plötzlich mit Marvana und Diago auch noch der Hüter der Nacht Odilo Kugres-Estrazar, sein Novize Boromino und der Überläufer Kemet'nechet Shat'sut auf den Plan, die alle möglichst schnell und eindrücklich charakterisiert werden wollen. (Viel Zeit ist ja nicht, weil die Überfahrt nur so kurz dauert und die Helden Marvana, Diago, Odilo und Boromino erstmal aus den Augen verlieren werden – weil diese aber später noch eine so große Rolle spielen werden, war es mir wichtig, dass sie einen Eindruck von ihnen gewinnen.) Ich hatte den Spielern den Plan der Stadt Qinsay, die von ihnen infiltriert werden soll, als Handout per Post zukommen lassen, um ein bisschen Atmosphäre zu schaffen, und hier hatte ich den Eindruck, dass zum ersten Mal eigene Überlegungen und Entscheidungen von ihnen gefordert werden: Es war schön zu sehen, wie sie versucht haben, einen guten Plan zu entwickeln, der nicht zu riskant ist und der ihren Fähigkeiten entspricht. Wie erwartet ist es mir dabei nicht wirklich gelungen, Kemet'nechet Shat'sut unsympathisch darzustellen: In diesem Moment ist er der einzige, der Informationen über Qinsay hat und der die Gruppe beraten kann. Daraus wurde dann eher ein Frage-und-Antwort-Dialog, bei dem klar wurde, dass Kemet'nechet unsicher ist und einige Sachen einfach nicht weiß, dass er das aber auch zugibt.
(Wenn ich ihn zu diesem Zeitpunkt als nervigen NSC eingeführt hätte, wäre mir das zu viel gewesen, zumal mir plötzlich klar geworden ist, dass fast alle in der Kajüte Anwesenden, nämlich sowohl Marvana und Odilo als auch Boromino und Jesandra auf ihre Weise ein doppeltes Spiel spielen und Balyan der einzige ist, dem sie wirklich vertrauen können.)
Die Sitzung haben wir damit beendet, dass die Gruppe alle notwendigen Ausrüstungsgegenstände erhalten hat und sich nicht wie im Abenteuer vorgeschlagen
westlich, sondern aus strategischen Gründen
östlich von Qinsay an Land bringen lässt: Mit einem Blick auf die Karte wird ihnen klar, dass sie damit direkt in das Haus des Informanten Agusto vordringen könnten und nicht mehr auch noch den Anguka überqueren müssen.
Alles in allem hatte ich den Eindruck, dass wir diese Zeit gebraucht haben, um die politische Situation, die Motivation der Charaktere und die Masse an Meisterpersonen einigermaßen zu erarbeiten. Ich muss sagen, dass es viel besser geklappt hat, als ich dachte, dass ich aber auch viel Zusatzinformationen bereithalten musste, die von den Charakteren erfragt wurde. ("Was weiß mein Charakter über Odilo und wie kam er an die Macht?", "Wie steht Said zu den anderen Familienmitgliedern der Bonareth?", "Welche Informationen gibt es über die Verschwörer des Rabenbunds?", "Was denkt mein Charakter, warum Amir den Feldzug so lange nicht gutgeheißen hat?", etc.) In den kommenden Spielsitzungen könnte es nochmals kompliziert werden, weil auch wieder auf die Schnelle Qinsay mit seinen vielen Meisterpersonen gezeichnet werden muss und ein Gefühl für die Stadt und die möglichen Strategien entstehen soll. Und dann ist ja auch schon alles recht schnell wieder vorbei ... Ich hoffe also, dass ich in ein paar Wochen weiter berichten kann, wie alles verlaufen ist!