chizuranjida hat geschrieben: ↑24.02.2020 03:33
Also der SO wirkt in allen Kontexten weil der Baron sich selbst als wichtig sieht und weil er aufwendige Kleidung und Schmuck trägt? Blöderweise sind die Kleidung und der Schmuck auch Teil des Kontext. Was ist wenn der Baron ausgeraubt wurde und keinen Schmuck mehr hat und nur pragmatische Kleidung trägt weil er bescheiden ist und nicht so wichtigtuerisch durch die Wildnis reisen wollte?
Frage 1: Wie oft kommt das vor?
Frage 2: Warum erwartest du von SO, dass er so krasse Sonderfälle vollständig umfasst?
Frage 3: Warum sollte pragmatische Kleidung nicht aufwendig sein?
Auch pragmatische Kleidung kann aus mehr oder weniger gutem Material sein, kann mehr oder weniger gut verarbeitet und mehr oder weniger schick verziert sein.
Wenn ein Baron sich bewusst dazu entscheidet, sich wie ein Bauer anzuziehen, dann ist das eine Verkleidenprobe erschwert um den SO-Unterschied. Dann will der Baron sich anders kleiden, als er es sein Leben lang gewohnt war. Dann muss er erstmal wissen, was denn Bauernkleidung ist und wie man die trägt. Das kann erleichtert sein durch Soziale Anpassungsfähigkeit, oder durch die Talentspezialisierung Anderer Stand auf Verkleiden oder durch die Beratung eines echten Bauern. Sowas kann ja durchaus gewünscht sein. Der Baron kann unauffällig sein wollen, wie du sagst. Er kann sich unter's normale Volk mischen wollen für Informationen, die er als höherstehender nicht bekäme. Aber das ist dann halt durch seinen hohen SO erschwert.
Wenn dem Bauern seine ganze Habe geklaut wurde und er nur Kleidung von Bauern gefunden hat - was ich als extremst selten ansehen würde - dann bekommt er selbstverständlich Mali im Umgang mit besser gekleideten seines Standes. Aber er unterscheidet sich immer noch vom Bauern durch seine Körperhaltung u.a. in seinem Auftreten. Der SO wird nicht ignoriert. Der SO bleibt so, wie er ist. Es gibt nur zusätzlich aus Kontextgründen weitere Mali oder Boni auf soziale Interaktionen.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Dann müssten ja ein paar Punkte des SO abgezogen werden?
Nein. SO bleibt immer gleich. SO ist nicht kontextbedingt. Kontext schafft nur zusätzliche Boni oder Mali.
SO ändert sich nur, wenn sich der soziale Stand eines Chars wirklich ändert. Das geschieht z.B. durch Titelvergabe - nicht nur Adelstitel, auch sowas wie ein Handwerksmeister ist ein Titel oder militärische Ränge. Und nein, das sind nicht nur Äußerlichkeiten, die man Leuten nicht ansieht. Wie man in einer Standesgesellschaft angesehen wird, beeinflusst langfristig auch das eigene Bild von sich und wie man sich dann allen, auch Fremden, gegenüber verhält.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Zumal auch ein Bauer sich selbst für wichtig halten kann, dafür gibts auch keinen höheren SO.
Doch. Wenn ein Bauer sich konsequent und glaubhaft wichtig tut, dann
hat er einen höheren SO. Wenn ein Bauer sich wichtiger tut, als andere es ihm abkaufen, dann wirkt er nur unsympathisch. In DSA wird das abgebildet durch die SO-Spanne, die ein Bauer haben kann. Es gibt wichtige Bauern und unwichtige.
Wenn du einen Bauern spielen willst, der kein Land hat, kein Geld, keinen sonstigen Besitz außer der Kleider am Leib und der immer so gelebt hat, der aber glaubt, ebenso wichtig und angesehen zu sein wie der Großbauer mit mehreren Hektar Land und mehreren Viehherden - dann spielst du einen Geisteskranken. Sorry. So ist einfach keiner in so einer Welt.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Irgendwie ist der SO wie er beschrieben wird immer extrem diffus. Das ist der klassische Rang in der Ständesgesellschaft, es ist die Kleidung, es ist der Schmuck, die Haltung, die Bewegungsart, die Sprache, die Hygiene, das Selbstbild, die soziale Stellung, der Wohlstand usw. und doch ist es ein eigener mit AP kaufbarer Talentwert
Die Beschreibung mag etwas diffus sein. Aber das Konzept einer Ständegesellschaft ist eben komplex und für uns in unserer modernen westlichen Gesellschaft schwer nachzuvollziehen (obwohl wir auch sowas wie Stände haben, die werden aber a) weniger respektiert und b) ändern sich schneller). Ich begreife das vielleicht besser, weil ich mich in Schule und Studium viel mit mittelalterlichem Ständeverständnis befasst habe. Die meisten Gruppen spielen SO nicht "richtig" im Sinne der Regeln aus. Entweder, weil es ihnen zu kompliziert ist, oder weil sie sich da gar nicht rein versetzen können oder wollen. Das ist ja auch ok. Für eine realistische Darstellung der Welt, wie sie beschrieben ist, braucht es aber den SO als Wert. Etikette reicht da nicht. Etikette ist der kaufbare Talentwert, den man üben kann. SO ist eben kein Talentwert. SO ist durch die Herkunft und die Ausbildung bedingt und kann sich im Leben nur begrenzt und langsam ändern. Und weil er wichtig ist und viele Vorteile bringt, muss man GP dafür ausgeben.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Man bekommt keinen SO Bonus für den Nachteil Eitel.
Natürlich nicht. Eitel ist ein Nachteil. Eitel beschreibt, dass jemand
übertrieben viel Wert auf sein standesgemäßes Äußeres legt. Eitel ist... stell dir einen Chef vor, der ein protziges Auto fährt und es jede Woche polieren lässt und immer direkt vor der Firma parkt, damit alle Mitarbeiter es sehen. Der ist eitel. Ein nicht eitler Chef trägt vielleicht auch bessere Anzüge und fährt ein teureres Auto als seine Angestellten. Aber er macht nicht so einen Wirbel drum. Trotzdem wissen alle, auch die Kassiererin in der fremden Stadt, dass der Typ im teuren Anzug mit selbstbewusstem Auftreten ein einflussreicherer Typ ist als sie.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Man bekommt keine SO Mali oder Boni fürs waschen oder nicht waschen (sondern er gibt nur vor ob und wann man sich waschen darf), es gibt keinen Bonus auf den SO wenn man sich schicke Kleidung gönnt nach einer happigen Belohnung, für die Dukaten gibts den auch nicht, und für Arroganz gibts auch keinen Bonus obwohl es ja was damit zu tun wie wichtig man sich selbst sieht. Es ist ein einziger kaufbarer Wert der all das festlegt, völlig unabhängig davon wie ich meinen Charakter spielen will oder gebaut habe. Mein eitler Bernsteinsammler mit moderatem Ettikette der sich trotz schlechter Lebenslage täglich wäscht und sich pflegt um einen guten Eindruck zu machen, wird an seinem Gestank oder seiner Gangart als "low SOler" erkannt und schikaniert weil der SO muss ja immer erkennbar sein, irgendwie, und sich auch auswirken.
Der SO gibt vor, wie oft der Char gewohnt ist, sich zu waschen. Er wird es einfach nicht als sinnvoll ansehen, das öfter zu tun. Wenn du deinen Char unbedingt entgegen seiner Gewohnheit spielen willst, kannst du das natürlich tun. Dann bist du aber ein extrem ungewöhnlicher Bernsteinsammler. So einen Char kann es bei mir als Startchar einfach nicht geben. Aber wenn sich bei mir ein ein Char öfter wäscht als früher, schicker kleidet als früher, mehr Geld hat als früher und besser benehmen kann als früher (Etikette steigert), dann steigt irgendwann halt sein SO. Bei den meisten Helden steigt im Laufe des Abenteuerlebens irgendwann der SO. Sie werden reicher, selbstbewusster, berühmter, angesehener. Ein steigender SO ist dann eine Abenteuerbelohnung genau wie cooler Loot.
Aber wenn du von Anfang an einen Bernsteinsammler spielen willst, der sich mehr wäscht und besser kleidet und besser benimmt, als durchschnittliche Bernsteinsammler das tun, dann würde ich als SL verlangen, dass du dem Char einen höheren SO gibst, als durchschnittliche Bernsteinsammler ihn haben.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Und inwiefern lässt sich dass jetzt auf den SO übertragen dass er überall und in jedem Kontext gilt? Am Gesicht kann man es ja leider nicht erkennen. Kleidung und Hygiene kanns ja auch nicht wirklich sein sonst müsste man den ja ständig korrigieren.
Es würde mich wirklich interessieren, wie oft in deiner Gruppe die Helden ohne ihre Kleidung und ohne Möglichkeiten zur Hygiene unterwegs sind. Ich hatte das in über 10 Jahren durchschnittlich wöchentlicher Spielzeit nur einmal annähernd, als die Gruppe alleine in der Wüste Gor unterwegs war. Da waren nicht mehr viele SO-Unterschiede sichtbar. Allerdings haben sie sich schon immer noch im Verhalten der Helden zueinander gezeigt. Und selbst in der Wüste Khom mit Karawane hatten alle die Möglichkeit, Standesunterschiede durch Kleidung und Hygiene zu kennzeichnen - vom Auftreten ganz abgesehen.
Advocatus Diaboli hat geschrieben: ↑24.02.2020 09:35
Das funktioniert denke ich gut solange man eine sehr monokulturelle Gruppe bespielt und/oder in dereografisch beschränkten Gebiet. Sobald es aber etwas diverser wird und man viel rum kommt wird es nur noch absurd sich stark am SO zu orientieren. Da soll der selemische Sumpfführer anhand des "Verhaltens" feststellen dass der horasische Händler höher gestellt ist als der bornländische Graf von Hintermberg (der sich selbst übrigens drei mal so wichtig sieht als er ist)? Oder erkennt er es daran wie die aranische Katzenhexe und der zwergische Geode sich den beiden gegenüber verhalten? Natürlich spielt der Graf sich immer auf wie der König von Dere aber der Sumpfführer erkennt es am Ende natürlich damit die AP des Händlers nicht umsonst investiert wurden..
Der Sumpfführer erkennt, dass der Graf sich für wichtig hält. Er wird aber auch grob einschätzen können, wie weit die Möglichkeiten des Grafen an Ort und Stelle sind. Kann der Graf anwesende befehligen? Kann der Graf Gehör finden bei offiziellen Stellen in der Nähe? Nein? Dann kann dem Sumpfführer der erkennbar hohe SO recht egal sein.
Sympathisch macht den Graf sein Verhalten in meinem Fall. Und wenn der hohe SO hier keine Bedrohung für den Sumpfführer darstellt, kann er gut eher auf den Geoden oder die Katze hören. Er wird sich in jedem Fall besser mit denen verstehen. Hoher SO ist nicht nur Vorteil. Wenn ich als Graf einen Sumpfführer überreden will, habe ich Mali durch die SO-Differenz. Der höhere SO nutzt natürlich nur positiv, wenn ich mich in derselben oder einer verwandten Gesellschaftsstruktur bewege.
Timonidas hat geschrieben: ↑24.02.2020 01:36
Ja aber alle anderen Nachteile sind sehr explizit und können vom Spielleiter angespielt werden, und universell gültig (ganz wichtiger Unterschied). Ein rachsüchtiger Adeliger ist auch nach 3 Wochen im meridianischen Dschungel noch rachsüchtig und als Rudersklave auf der al'anfanischen Galeere wird er immer noch rachsüchtig sein. Ob er da noch selbstbewusst ist, gut riecht, gut gekleidet ist, sich als wichtig sieht und andere herumkommandiert ist glaube ich sehr stark vom Spielstil der Gruppe abhängig.
Rachsucht steigt wie die meisten Schlechten Eigenschaften unter extremer Belastung. Das hatten wir übrigens auch in der Wüste Gor.
Wenn ein Adliger zum Rudersklaven wird, ist er kein Adliger mehr, sondern Sklave. Da sinkt sein SO. Allerdings sehe ich den SO nicht als etwas, was täglich der Situation angepasst wird, sondern was v.a. aus der sozialen Prägung des Menschen heraus kommt. Die ändert sich nicht so schnell. Drei Wochen sind da nichts. Aber drei Jahre... drei Jahre Sklaverei lassen den SO eines Adligen drastisch sinken, selbst wenn er danach frei kommt und wieder in seiner Heimat lebt. Er braucht dann auch erstmal wieder ein paar Jahre, ehe er diese Sklavenzeit verarbeitet hat, falls er das überhaupt je überwinden kann.
Aber klar ist SO stark vom Spielstil der Gruppe abhängig. Ich verweigere mich nur Aussagen in die Richtung, dass SO ein überflüssiger oder unstimmiger Wert wäre. Wer nicht damit spielen will, soll es halt lassen. Aber für eine realistische Darstellung der Phantasiewelt, finde ich ihn äußert gelungen - gerade weil er nicht so hart klar definiert ist. Das Konzept kann man nämlich nicht hart klar definieren.
Edit: Keine Ahnung, was mit der Zitierfunktion nicht stimmt. Ich habe hier nur Timonidas zitiert.