Grumbrak hat geschrieben: ↑28.06.2022 11:40
Trennungen fallen selten ganz brandaktuell vom Himmel. Probleme gibt es wohl in jeder Partnerschaft.
Meist werden diese aber "nicht öffentlich" behandelt. Die "Öffentlichkeit" - also Freunde, Familie, Kinder - kennen die Probleme nicht. Sie kennen nur: "Diese tolle Jahrzehntealte Beziehung - ohne je Probleme gehabt zu haben".
Meiner persönlichen Erfahrung nach trifft dieser Punkt eher auf Männer zu - bei Frauen ist es genau umgekehrt…
Ich sach mal so: Als ich meine damaligen Kollegen zu meiner Hochzeit eingeladen habe, waren sie überrascht…
Zitat eines geschätzten Kollegen: „Boah, und ich dachte, du erzählst mir jetzt, ihr trennt euch!“
Ergänzung: „Eigentlich hör ich immer nur über richtig üblen Zoff von euch.“
Ich musste über diese Einschätzung erst mal kurz nachdenken, bis mir die Erkenntnis dämmerte: „Wenn alles gut läuft oder ich meine Probleme selbst lösen kann, brauch ich ja mit keinem drüber reden!“
Er blieb skeptisch. Aber ich bin jetzt 24 Jahre verheiratet - immer noch mit demselben Mann.
Und trotzdem: Das erste Kind kam zufälligam 10. Hochzeitstag zur Welt, und das hat die ganze Sache tatsächlich trotz allem und obwohl wir vorher eine stabile Beziehung mit normalen Aufs und Abs hatten, auf eine harte Probe gestellt.
Es kommt ja nicht nur eine Person mehr in die Beziehung. Selbst wenn man sich sonst ganz gut zurechtgefunden hat, bringt in Sachen Kinder, Familie und Erziehung jeder Mensch noch mal
so viele Vorstellungen, Erinnerungen und unausgesprochene Erwartungen auch an den Partner mit, dass man vieles noch mal ganz neu finden und klären muss.
Dazu kommt: Männer verstehen mMn generell nicht wirklich, was für eine Veränderung das Muttersein für eine Frau bedeutet - und gerade sehr kopfgesteuerte Frauen neigen (ebenfalls persönliche Erfahrung selbst und Bekanntenkreis) beim ersten Kind zur Panik, weil sie keinen Plan haben, wie lang das alles dauern wird (de facto - nicht so lang. Aber diese Erfahrung muss frau auch erst machen).
Dann ändert sich auch beim Kind ständig was, die entwickeln sich ja irre schnell - das ist ein steter Quell der Unruhe und hat gewisses Konfliktpotenzial.
Wir Frauen auf der anderen Seite neigen dazu, abzustreiten, dass sich für Männer
überhaupt eine Veränderung ergibt, nur weil diese eher innerlich als äußerlich vonstatten geht.
Da ist ganz viel „Stoff für Zoff“ allein im ersten Jahr mit Kind - auch ganz viel Anlass für Bitterkeit und Vorwürfe von beiden Seiten - die nicht automatisch bedeuten
müssen, dass die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, auch wenn es sich erstmal so anfühlt.
... und auf ihrem Grabstein wird stehen: "Ich hab's dir ja gesagt!"