Tiger hat geschrieben: ↑20.03.2021 20:31
@Alecto Details?
Letzte Wochen hatte ich bei unserer Vortragsreihe über "Reisen mit Vorerkrankung" gesprochen. Eine derjenigen, die sich den Vortrag mit angehört hatte erzählte einem befreundeten Pärchen davon (ich kenne die beiden flüchtig), welche sich dann an mich gewandt haben. Die beiden haben nämlich eine Reise nach Tansania gebucht und bereits bezahlt. Eine Reiserücktrittsversicherung oder dergleichen haben sie nicht abgeschlossen. Die Reise soll vor allem die Serengeti umfassen. Losgehen soll es Anfang April. Unter normalen Umständen ist Tansania (aus eigener Erfahrung) definitiv eine Reise wert, insbesondere das avisierte Zielgebiet um den Ngorongoro-Krater und den Kilimanjaro ist wunderschön, nur leider sind die Umstände nicht normal.
Tansania ist vor allem deshalb Zielland geworden, da man dort weitgehend auf die allermeisten Corona-Maßnahmen pfeift und man somit auch ziemlich problemlos einreisen und sich ohne großartige Hygienemaßnahmen frei bewegen kann. Offizielle CoVid-Zahlen werden seitens der Regierung von Tansania nicht veröffentlicht und die Zahlen die man hat sind gewaltig unzuverlässig. Die WHO stuft das Land als Hochinzidenzgebiet ein. Das auswärtige Amt hat dementsprechend eine Reisewarnung herausgegeben.
Das alleine wäre schon mehr als genug Grund dort aktuell nicht hinzufahren. Dazu kommt aber noch ein pikantes Detail: Sie ist im zweiten Trimenon schwanger. Das haben die beiden als Anlass genommen noch möglichst schnell diese Reise anzutreten bevor sie körperlich dazu nicht mehr so recht in der Lage ist. Dass die Schwangerschaft bisher auch nicht gerade unkompliziert verlief macht die Sache keinen Deut besser: Sie bringt ordentliches Übergewicht mit, hat Probleme mit einer behandlungsbedürftigen Gestationshypertonie und zudem sei beim letzten Ultraschall "irgendetwas nicht ganz richtig" gewesen - Die Beschreibung klingt nach einer Placenta praevia partialis. Diese Konstellation würde mich bereits bei einer Schwangerschaft in Deutschland unruhig machen, wobei ich zugegebenermaßen kein Gynäkologe bin. Relativ sicher kann ich aber sagen, dass alleine eine Flugreise einer komplikationsbehafteten Schwangerschaft im 2. Trimenon eine ganz miserable Idee ist und die Airlines einen damit in aller Regel so nicht mitnehmen - Vorausgesetzt sie wissen davon. Ansehen tut man ihr es bisher nämlich nicht.
Betrachten wir dazu Tansania: Dort herrscht im April Regenzeit, womit das ohnehin hohe Malariarisiko dort derzeit noch höher ist als sonst. Auch besteht in dieser Jahreszeit eine erhöhte Meningitisgefahr, bei einem Land das ohnehin im afrikanischen "Meningitisgürtel" liegt. Die Regenzeit führt auch dazu, dass die im Regelfall nicht asphaltierten Straßen nur langsam oder gar nicht befahrbar sind, womit ein zügiger Transport im Falle eines Notfalles insbesondere im avisierten Reisegebiet nicht möglich ist. Die medizinische Infrastruktur ist spärlich und hinkt internationalen Standards weit hinterher - wovon ich mich auch schon persönlich überzeugen durfte. Die Empfehlung geht so weit, dass man zusehen sollte alle schweren oder unklaren Erkrankung/Unfälle schleunigst nach Nairobi (KE) oder Johannesburg (SA) auszufliegen. Neben der bereits erwähnten Malaria und Meningitis hat Tansania noch eine große Auswahl anderer tropenmedizinischer Attraktionen zu bieten, wobei als wichtigste Typhus, Hepatitis A/B/C, Schlafkrankheit, Bilharziose, Gelbfieber und Dengue zu nennen wären.
Wirklich toll vorbereitet sind die beiden nicht. Die meisten wichtigsten Impfungen fehlen (darunter insbesondere Gelbfieber, Meningitis A/B/C/W/Y/X, Hepatitis A/B, MMR) und lassen sich bis zur Abreise nicht mit vollem Impfschutz etablieren. Darunter sind auch Lebendimpfungen (MMR und Gelbfieber), die man einer Schwangeren gar nicht verimpfen sollte. Über eine Malariaprophylaxe haben die beiden sich auch bisher keine großen Gedanken gemacht - Wobei während einer Schwangerschaft eine Chemoprophylaxe, die sie in dieser Reisezeit bitter nötig hätte, hochproblematisch ist. Auch ein guter Teil der Reiseapotheke, die ich zur Reise in solche Länder typischerweise empfehle eignet sich nicht für Schwangere.
In kurz: Ich halte die Idee für schlecht.